Was ist Rassismus? Was ist rassistische Diskriminierung?

Rassismus im engeren Sinn bezeichnet eine Ideologie, die Menschen aufgrund biologischer Merkmale in angeblich naturgegebene Gruppen – so genannte «Rassen» mit unterschiedlichen Eigenschaften – einteilt und diese hierarchisiert. Menschen werden nicht als Individuen sondern als Mitglieder solcher pseudoverwandtschaftlichen Gruppen beurteilt und behandelt. Rassismus im ursprünglichen Sinn beruht auf falschen Annahmen, diente und dient der Rechtfertigung des Kolonialismus, der Sklaverei, der Verbrechen der Nazis oder von Apartheidregimes.

Heute wird der Begriff Rassismus weiter gefasst und bezeichnet die Wertung von Unterschieden nicht aufgrund genetischer, sondern auch ethnischer und kultureller Art. Hier werden Differenzen in Tradition und Kultur zu «Wesensunterschieden» erklärt, die unvereinbar mit der eigenen Tradition und Kultur seien. Der Begriff «Rasse» wird heute selten verwendet. Eher wird von unvereinbaren Kulturen, fremden Ethnien oder von «Ausländern» gesprochen, die als «anders» dargestellt und daher für unerwünscht erklärt werden. Rassismus kann vom einfachen Vorurteil über offene, allgemeine Benachteiligung bis hin zum Völkermord reichen. (vgl. GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus / Fachstelle für Rassismusbekämpfung)

Rassistische Diskriminierung ist jede Praxis, die Menschen aufgrund physiognomischer Merkmale (Hautfarbe), ethnischer Herkunft, kultureller Merkmale (Sprache, Name) oder religiöser Zugehörigkeit Rechte vorenthält, sie ungerecht oder intolerant behandelt, demütigt, beleidigt, bedroht oder an Leib und Leben gefährdet. Die meisten Fälle rassistischer Diskriminierung in der Schweiz sind nicht ideologisch begründet, sondern Ausdruck von Unwissen, diffusen Ängsten, Aggressionen, Vorurteilen und mangelndem Einfühlungsvermögen. Im Unterschied zum Rassismus ist rassistische Diskriminierung nicht zwingend ideologisch begründet. Ausschluss­mechanismen und Diskriminierung können sowohl Schweizer/innen wie auch Ausländer/innen betreffen. (vgl. Fachstelle für Rassismusbekämpfung)

Beispiel einer rassistischen Diskriminierung

Eine Gruppe Jugendlicher steht vor einer Diskothek zum Einlass an. Der Türsteher beobachtet sie und bemerkt, dass sich unter ihnen auch ein Jungendlicher mit dunkler Hautfarbe befindet (Unterscheidung). Von seinem Vorgesetzten hat der Türsteher die Weisung erhalten, Leute mit südländischem Aussehen speziell unter die Lupe zu nehmen. Er kontrolliert darum den Ausweis des dunkelhäutigen Jungen (Kategorisierung). Aufgrund von schlechten Erfahrungen und negativen Erzählungen seiner Kollegen glaubt der Türsteher zu wissen, dass dunkelhäutige Jugendliche gewalttätiger sind als andere; ausserdem sollen sie angeblich mit Drogen dealen (Vorurteile). Er entscheidet sich, dem dunkelhäutigen Jungen als Einzigem den Eintritt in die Diskothek zu verweigern (Diskriminierung). (Vgl. Friedensdorf, Juko, Alliance Sud, 2006)

Rassistische Theorie und Praxis sind aufgrund der Sklaverei, der Rassentrennung in den USA, dem Kolonialismus, Nationalsozialismus und der Apartheid zwar weltweit diskreditiert. Rassistische Politik, Vorurteile und Handlungen sind damit aber keineswegs verschwunden. Dies zeigen die Berichte des Beratungsnetzes für Rassismusopfer sowie die Chronologie der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus.

Beim Einsatz gegen Rassismus geht es zuallererst darum anzuerkennen, dass es rassistische Diskriminierung gibt, und zwar auf struktureller, institutioneller wie individueller Ebene. Es geht darum, die Verletzung, die Opfer derartiger Diskriminierungen erleben, anzuerkennen. Prävention und Sensibilisierungsarbeit bedeuten nicht, Rassisten oder Rassistinnen zu identifizieren und so neue Sündenböcke zu schaffen, sondern konkret im Alltag Bedingungen zu schaffen, die rassistische Diskriminierungen verhindern. Vor allem geht es auch darum, die Fähigkeit zu entwickeln, rassistische Diskriminierung wahrzunehmen und kontinuierlich zu bekämpfen.

Weitere Begriffe im Zusammenhang mit Rassismus

Antisemitismus

Feindselige bis hasserfüllte, auf Isolierung, Vertreibung oder gar Vernichtung hin orientierte Einstellung und Haltung gegenüber Jüdinnen und Juden. Die Ursachen des Antisemitismus liegen im Wesentlichen nicht bei den durch den Antisemitismus Verfolgten, sondern bei den Verfolgern. Er entsteht und kulminiert zu militanten sozialen Konflikten überall dort, wo die Schuld für soziale Unsicherheits- und Krisensituationen für eigenes und fremdes Versagen, für Enttäuschungen und Fehlschläge auf jüdische Personen projiziert werden kann. (Vgl. Gegen Rechtsextremismus)

Extremismus

Alle Strömungen des Extremismus schüren ein Freund-Feind-Denken, betrachten ihren eigenen Standpunkt als den einzig Richtigen und kennen keine Toleranz gegenüber den Andersdenkenden. Extremisten können – müssen aber nicht – gewaltverherrlichend oder gar selber gewalttätig sein. Unter politischem Extremismus werden Richtungen verstanden, welche die Werte der freiheitlichen Demokratie, des politischen Pluralismus und des Rechtsstaates ablehnen. (Vgl. Issue Extremismus)

Faschismus

Der Faschismus ist eine politische Bewegung, eine Ideologie oder ein Herrschaftssystem, welches sich um 1920 entwickelt hat. Der Faschismus ist gekennzeichnet durch ein Herrschaftssystem, das die Vorrechte bestimmter als elitär bewerteter Gruppen schützt, Opposition als zersetzend und gemeinschaftsgefährlich unterdrückt und in allen gesellschaftlichen Bereichen das Führer-Prinzip durchsetzt. Der Faschismus ist auch gekennzeichnet durch politische Herrschafts- und Kampfmethoden, die mit Terror und Propaganda die Volksmassen zum Gehorsam und zum unbedingten Glauben gegenüber den Führern bringen wollen. Sozialpsychologisch wird hervorgehoben, dass die irrationalen Ideologien des Faschismus sich immer an die diffuse Angst breiter Bevölkerungsschichten vor Unordnung, Macht- und Einflussverschiebung, Statuswechsel und Neuorientierung wenden. Der Faschismus baut fiktive Feinde, Schuldige, Sündenböcke, Verschwörer auf, an denen die durch soziale und wirtschaftliche Krisen frustrierten Schichten ihre Aggressionen abreagieren können.

Fremdenfeindlichkeit

Neben dem programmatischen Rassismus gibt es eine Ablehnung von Fremden, die als Ausländer- oder Fremdenfeindlichkeit bezeichnet wird. Sie kann im Gefühl der Überlegenheit des eigenen Volkes begründet sein. Als fremdenfeindlich gelten ablehnende Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber Menschen wegen ihrer Herkunft, Sprache, Religion oder Kultur.
Es ist nicht Fremdenfeindlichkeit, wenn Menschen aufgrund unterschiedlicher Verhaltensweisen Probleme miteinander haben. Es ist auch nicht Fremdenfeindlichkeit, wenn neue Situationen verunsichern und Ängste auslösen. Und es ist nicht Fremdenfeindlichkeit, wenn man mit einem ausländischen Nachbar Streit bekommt. Es ist aber Fremdenfeindlichkeit, wenn man aufgrund einzelner negativer Erfahrungen ganze Gruppen pauschal verurteilt, wenn alle aktuellen Problem den «Fremden» angelastet werden, wenn man sich weigert, der komplexen Realität in die Augen zu sehen, pragmatische Lösungen sucht und stattdessen Sündenböcke produziert und Angst und Aggressionen schürt.

Nationalismus

Mit dem Nationalismus wird eine Einstellung bezeichnet, welche die legitime Liebe zum eigenen Land übersteigt, das eigene Volk zum höchsten Sinn des Daseins macht und die ganze Hingabe des Einzelnen für dieses Volk fordert. Nationalismus ist meist rückwärtsgewandt und verherrlicht vergangene, bessere Zeiten. Mit dem Nationalsozialismus verbindet sich ein übersteigerter Anspruch auf Selbstbehauptung, eine arrogante Exklusivität und ein Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen Nationen. Nationalismus steht der Annäherung zwischen den Völkern feindlich gegenüber und kann in Fremden- oder Rassenhass abgleiten.

Neonazismus

Neonazis bekennen sich offen zur Ideologie und Weltanschauung des deutschen Nationalsozialismus. Sie erstreben einen nach dem Führerprinzip formierten totalitären Staat und eine «rassenreine Volksgemeinschaft». Die Verbrechen, die vom NS-Regime begangen worden sind, werden – je nach Charakter der Gruppierung – verharmlost, geleugnet oder gar verherrlicht.

Oi

Bezeichnung für den neuen politischen Stil der Skinhead-Szene zu Beginn der 80er Jahre. Oi gilt auch als Kampfruf der Skins für alles, was Spass macht.

Rechtsextremismus

Mit dem Begriff «Rechtsextremismus» werden in den Medien und der öffentlichen Debatte in der Regel Gruppen von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen assoziiert, die autoritäre, rassistische und nationalistische Einstellungen haben, eine hohe Gewaltbereitschaft aufweisen, und sich in mehr oder weniger organisierten Szenen wie etwa den Skinheads, Neonazis oder Teilen von Hooligans zusammenschliessen. Es sind diese Gruppierungen, welche für den überwiegenden Teil der sichtbarsten Erscheinungsformen von Rechtsextremismus verantwortlich sind: Anschläge auf Unterkünfte von Asylsuchenden, brutale Übergriffe auf ausländische Personen, Schlägereien oder die bekannte Störung der Rede von Bundesrat Villiger am 1. August 2000.

Daneben gibt es einen herkömmlichen Rechtsextremismus, welcher direkt in der Tradition von Faschismus und Nationalsozialismus steht und in dem die Verherrlichung des Naziregimes und die Leugnung seiner Verbrechen, der Antisemitismus, der Traum von einer grossgermanischen oder arischen Nation und die Ablehnung der liberalen Demokratie eine zentrale Rolle spielen. Diese Art von – durch traditionelle Kaderorganisationen und Parteien dominiertem – Rechtsextremismus ist in der Schweiz, wie in anderen westeuropäischen Ländern einschliesslich Deutschland, über die ganze Nachkriegszeit hinweg eine doch marginale Begleiterscheinung der politischen Kultur gewesen und geblieben. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich die extreme Rechte in der Schweiz von einer kleinen Untergrundszene zu einer ausdifferenzierten rechtsextremen Subkultur entwickelt. Sie reicht von international vernetzten Holocaustleugnern und Negationisten über gut organisierte, durch autoritäre Führung gekennzeichnete Gruppierungen bis zu schwach strukturierten, hauptsächlich von männlichen Jugendlichen geprägten Szenen. Wegen der neuen Kommunikationsmittel wie dem Internet fand eine Internationalisierung und Globalisierung rechtsextremer Ideologien und Strukturen statt. (vgl. Fachstelle für Rassismusbekämpfung oder Gegen Rechtsextremismus)

Folgende Einstellungen und Denkmuster sind charakteristisch für den Rechtsextremismus:

  • Nationalismus in aggressiver Form
  • Forderung ethnischer Homogenität von Völkern
  • Ablehnung der Universalität der Menschenrechte
  • Ablehnung des Wertepluralismus der liberalen Demokratie
  • Rassisch oder ethnisch begründeter Glaube an die Ungleichheit der Menschen
  • Feindschaft gegen Ausländer/innen, Minderheiten, «Andersartige» (Frauen, Homosexuelle, Obdachlose etc.)
  • Antisemitismus und Rassismus, biologistische und sozialdarwinistische Theorien
  • Intoleranz, Glaube an Recht durch Stärke, elitär-unduldsames Sendungsbewusstsein und Diffamierung von Andersdenkenden
  • Vorrang der Gemeinschaft vor dem Individuum, Militarismus, “Führertum”, Unterordnung
  • Verherrlichung des NS-Staats als Vorbild, Negierung/Verharmlosung der NS-Verbrechen
  • Neigung der Verschwörungstheorien
  • (Latente) Bereitschaft zur gewaltsamen Propagierung und Durchsetzung der erstrebten Ziele

Skinheads

Die Wurzeln der Skinhead-Bewegung liegen im Grossbritannien der 60er Jahre. Sie war ursprünglich eher unpolitischer Natur. Auch heute interessiert sich ein Teil der Skinhead-Szene nicht für politische Themen, sondern fühlt sich einer von einschlägiger Musik und Mode geprägten Subkultur zugehörig. Jedoch auch in dieser Subkultur findet eine Verherrlichung der Gewalt statt. Die Öffentlichkeit nimmt vor allem den rechtsextremistischen Flügel wahr, der sich nicht nur über eine bestimmte Mode und Musik definiert, sondern auch über eine von neonazistischen Ideologieelementen durchsetzte Weltanschauung.